Osterpaket „Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land“

Das am 4. April 2022 von BMUV und BMWK als Osterpaket vorgelegte Papier lässt ein gleichberechtigtes Bemühen zur Lösung der Biodiversitätskrise und der Klimakrise nicht erkennen. Der Klimakrise wird mit der verstärkten Nutzung der Windkraft gegenüber dem mindestens gleichberechtigten Anspruch des Erhalts der Biodiversität Vorrang eingeräumt. Aus wissenschaftlicher Sicht hat die „Biologische Vielfalt“ oder in Kurzform „Biodiversität“ keinen geringeren Stellenwert als die Problematik „Klimawandel“. Mit Biodiversität sind neben Artenvielfalt auch Vielfalt von Lebensräumen und genetische Vielfalt gemeint. Biodiversität benötigt also intakte Ökosysteme.

Im Papier heißt es: „Wir lösen den Zielkonflikt zwischen Energiewende und Artenschutz auf.“ Die wichtige Frage, wie dies geschehen soll, wird nicht detailliert und nachvollziehbar beantwortet.

Es steht außer Zweifel, dass wir in einer Klimakrise stecken. Ebenso stecken wir in einer Biodiversitätskrise, die gleichberechtigt und zeitgleich mit dem Klimaproblem gelöst werden muss.

Unseren nationalen Natur- und Artenschutz ergänzt eine „Internationale Konvention über Biologische Vielfalt“, die die Vereinten Nationen 1992 beschlossen haben. Sie ist völkerrechtlich durch die Ratifizierung (auch Deutschlands) verbindlich geworden. Die EU hat nun eine „Biodiversitätsstrategie 2030“ auf den Weg gebracht, die auch für unser Land verbindlich ist. Die hart errungenen Festlegungen dieser internationalen Vereinbarungen dürfen nicht wieder „aufgeweicht“ werden.

Selbstverständlich ist die bisher erfolgte Installation von Windenergieanlagen nicht der einzige Faktor für den Rückgang der Biologischen Vielfalt. Dem Biodiversitätsverlust liegt ein Ursachenkomplex zu Grunde, dessen Komponenten klar benannt und abgestellt werden müssen. Eine Liste kollisionsgefährdeter Arten, die aus wissenschaftlicher Sicht hinterfragt werden muss, löst die Problematik keinesfalls. Windkraftanlagen sind technische Anlagen und haben besonders in Wäldern keine Berechtigung. Es gibt auch keine wertlosen Waldflächen.

Im Osterpaket ist auch vorgesehen, dass Schutzgebiete für Windkraftanlagen geöffnet werden können. Wenn der Ausbau der Erneuerbaren Energie, wie mit Nachdruck vorgesehen, eine Schwächung des Natur- und Artenschutzes unter Vernachlässigung wissenschaftlicher Argumente bedeutet, dann läuft politisch etwas falsch. Klima- und Naturschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Windkraftanlagen sollen nach dem Papier künftig im „öffentlichen Interesse“ liegen. Man darf fragen: Steht die „Biologische Vielfalt“ nicht auch im öffentlichen Interesse?

Martin Görner Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel Leiter der Arbeitsgruppe Artenschutz Thüringen e.V.